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Apr. 2012

Eugen Ruge "In Zeiten Des Abnehmenden Lichts" Roman

Bùˆcher

Eugen Ruge - „In Zeiten Des Abnehmenden Lichts“ - Roman - Rowohlt


Neugierig gemacht durch Presse und Fernsehen wollte ich Eugen Ruge`s Roman alsbald lesen, zumal er auch unter viel Tamtam den Deutschen Buchpreis bekommen hatte. In meiner Buchhandlung bekam ich sogar ein vom Autor anlässlich der Lit Cologne signiertes Exemplar. Allerdings, und das verwunderte mich, fiel die Beurteilung des Romans durch die Buchhändlerin nicht gerade euphorisch aus.
Neugierig geworden begann ich zu lesen. Der Schreibstil des Autors ist eingängig, Personen und Schauplätze weckten zunächst Interesse.
Je weiter ich allerdings las, desto skeptischer wurde ich. Es wurde klischeehaft. Oft hatte ich den Verdacht, der Autor verfolge kabarettistische Absichten. Die Handlung trägt häufig operettenhafte Züge.
Die agierenden Personen erfüllen die Norm. So stellte man sich den versponnenen Altkommunsten vor - Wilhelm-, der private Hilfsaktionen für Fidel Castro startet, so seine unzufriedene, weil wenig gewürdigte Frau Charlotte, die eingebürgerte Russin Irina, die einen so entzückenden Akzent hat und dann noch dem Alkohol verfällt, die russische Babuschka, die nie heimisch geworden ist und immer noch russisch radebrecht, den zaudernden, aber irgendwo doch linientreuen Karl und schließlich am Schluss noch den Urenkel Markus , der auch dem Klischee des halbstarken Wessis entsprechen muss - aufsässig und verhascht. Dann noch die Uralt-Hippies in Mexiko.
Schade! Ich hatte mir mehr versprochen, tiefere Einsicht in das Leben in der DDR, mehr Erkenntnisse in das Denken, vielleicht in die Gewissenskonflikte einer intellektuellen Schicht!
Wie viel lebendiger, lebensechter wirken da doch die Akteure in Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“. Hier kann man wirklich das DDR-Leben einer gebildeten Familie verfolgen, ihr Hadern und ihr Zurechtkommen-Müssen in einer schwierigen Welt. Wie schön werden hier die Schauplätze beschrieben. Bei Ruge auch hierzu nur Klischeehaftes. Schade!

Lebenszeit


Martenstein

In der vorletzten Ausgabe des Magazins der Wochenzeitung die „ZEIT“ schreibt Harald Martenstein seine übliche wöchentliche Kolumne. Diesmal in sehr ernstem und nachdenklichen Ton. Er hatte sogar überlegt, diese eine Kolumne einmal ausfallen zu lassen. Grund : sein Vater liegt, so, wie es beschrieben wird, im Sterben.
Gut, dass er auch diesmal geschrieben hat, denn seine Kolumne enthält kluge, sehr nachdenkenswerte Gedanken!
Es geht um Lebenszeit. Eine, den alten Herren betreuende Krankenschwester, rät wohl der Familie des Patienten :“ Der Mann sei doch schon sehr alt. Man solle ihn gehen lassen.“ Das sieht Martenstein wohl anders, denkt nach und kommt zu dem Ergebnis, dass der junge Mensch, damit beschäftigt, sich durchs Leben zu boxen, dieses gar nicht so recht genießen könne. „Aber hat man es halbwegs kapiert, dann wird die Zeit auch schon knapp. Je höher die Nachfrage nach Leben, desto geringer das Angebot. Es müsste umgekehrt sein, man müsste mit der geistigen Verfassung eines Neunzigjährigen anfangen und sich dann im Laufe der Zeit seelisch in einen Zwanzigjährigen verwandeln. Der Abschied fiele leichter“. Ja, das wär`s! Zeit im Alter ist sehr kostbar!
Martenstein beschreibt seinen Vater als einen Menschen, der noch in späten Jahren sein Leben in vollen Zügen genossen habe. Ja, so bekennt der Sohn, er habe sich gelegentlich geschämt, wenn der alte Herr einer jungen Frau hinterhergeschaut habe. Im Nachhinein ist der Sohn froh über die somit gewonnene Lebensfreude seines Vaters, wenn er schreibt:" Wegen meines Vaters glaube ich daran, dass Lebenslust der Gesundheit ebenso zuträglich sein kann wie Askese."
Wenn die Ärzte um jede Sekunde seines Lebens kämpfen, so schreibt der Kollumnist, würde sein Vater, böte man es ihm an,“zu einem Schollenflilet und einem Glas Rheingauer Riesling nicht Nein sagen“. Recht so!

* Quelle - Zeitmagazin Nr. 15/2012