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Lebenszeit


Martenstein

In der vorletzten Ausgabe des Magazins der Wochenzeitung die „ZEIT“ schreibt Harald Martenstein seine übliche wöchentliche Kolumne. Diesmal in sehr ernstem und nachdenklichen Ton. Er hatte sogar überlegt, diese eine Kolumne einmal ausfallen zu lassen. Grund : sein Vater liegt, so, wie es beschrieben wird, im Sterben.
Gut, dass er auch diesmal geschrieben hat, denn seine Kolumne enthält kluge, sehr nachdenkenswerte Gedanken!
Es geht um Lebenszeit. Eine, den alten Herren betreuende Krankenschwester, rät wohl der Familie des Patienten :“ Der Mann sei doch schon sehr alt. Man solle ihn gehen lassen.“ Das sieht Martenstein wohl anders, denkt nach und kommt zu dem Ergebnis, dass der junge Mensch, damit beschäftigt, sich durchs Leben zu boxen, dieses gar nicht so recht genießen könne. „Aber hat man es halbwegs kapiert, dann wird die Zeit auch schon knapp. Je höher die Nachfrage nach Leben, desto geringer das Angebot. Es müsste umgekehrt sein, man müsste mit der geistigen Verfassung eines Neunzigjährigen anfangen und sich dann im Laufe der Zeit seelisch in einen Zwanzigjährigen verwandeln. Der Abschied fiele leichter“. Ja, das wär`s! Zeit im Alter ist sehr kostbar!
Martenstein beschreibt seinen Vater als einen Menschen, der noch in späten Jahren sein Leben in vollen Zügen genossen habe. Ja, so bekennt der Sohn, er habe sich gelegentlich geschämt, wenn der alte Herr einer jungen Frau hinterhergeschaut habe. Im Nachhinein ist der Sohn froh über die somit gewonnene Lebensfreude seines Vaters, wenn er schreibt:" Wegen meines Vaters glaube ich daran, dass Lebenslust der Gesundheit ebenso zuträglich sein kann wie Askese."
Wenn die Ärzte um jede Sekunde seines Lebens kämpfen, so schreibt der Kollumnist, würde sein Vater, böte man es ihm an,“zu einem Schollenflilet und einem Glas Rheingauer Riesling nicht Nein sagen“. Recht so!

* Quelle - Zeitmagazin Nr. 15/2012